Martin-Luther-Kirche Wäschenbeuren

Die evangelische Kirche in Wäschenbeuren

Früher gab es nur wenige Evangelische im katholischen Wäschenbeuren. Laut der Oberamtsbeschreibung des Oberamts Welzheim, zu dem Wäschenbeuren bis 1938 gehörte, hatte Wäschenbeuren 1844 1 440 Einwohner, davon waren 1409 katholisch und 31 evangelisch. Von den evangelischen Einwohnern lebten im Ort 5, auf dem Krettenhof 7 und in Lindenbronn 19 Personen. Gemäß der Statistik in Josef Kleinknechts Heimatbuch waren 1893 von den 1528 Einwohnern 89 evangelisch (5,1,%) und 1439 katholisch (94,9 %). Dies blieb lange so. Zählungen von 1900, 1912 und 1928 ergaben Zahlen um die hundert. Allmählich stiegen die Zahlen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: 130 (1950), 244 (1961), 331 (1967). Das kontinuierliche Wachstum der Gemeinde wirkte sich stark auf den Anteil der Evangelischen aus: 350 (1973), 489 (1987), 656 (1990), 784 (1992), 929 (2000). Derzeit leben annähernd tausend evangelische Christen in Wäschenbeuren.

Lange Zeit wurden die evangelischen Christen von Lorch aus betreut. Lorcher Pfarrer hielten die Gottesdienste an Sonntagnachmittagen im alten Schulhaus ab, wo sich die Gläubigen in die engen Bänke zwängen mussten. Eine Verbesserung trat ein, als der Saal im 1956 neuerbauten Feuerwehrgerätehaus mitbenutzt werden durfte. Hier gab es schon bequemeres bewegliches Gestühl. Das Gemeindeleben beschränkte sich jedoch nur auf die Gottesdienste in dem wenig „kirchenmäßigen“ Lehrsaal der Feuerwehr, der an den Schultagen von der Schule genutzt wurde. Auch trafen sich dort abends verschiedene Vereinsgruppen.

Endlich wurde, noch von Lorch betreut, ein Gemeindehaus mit Flachdach in Fertigbauweise an der Uhlandstraße erstellt. Einweihung wurde am 8.7.1973 gefeiert. Da gehörte Wäschenbeuren als Filialgemeinde bereits zu Rechberghausen. Nun wurden in eigenen Räumlichkeiten Gottesdienste (Sonntagsgottesdienste 14-tägig, Abendmahl alle zwei Monate) abgehalten, und das Gemeindeleben konnte sich dort entfalten. Ein Frauenkreis wurde gegründet, ein Seniorenkreis mangels Beteiligung jedoch bald wieder aufgelöst. Jugendarbeit wurde zunächst noch nicht geleistet. Manche evangelische Jugendliche nahmen die Jugendangebote der katholischen Jugend an, die eigene Jugendräume im 1973 erbauten katholischen Gemeindehaus hatte. Seit der Konfirmation 1995 gibt es eine eigene Jugendgruppe.

Ab dem 1.7.1972 war Wäschenbeuren der evangelischen Kirchengemeinde Rechberghausen zugeordnet. Rechberghausen war 1954 zur selbstständigen Kirchengemeinde erhoben worden. Es war bis dahin der Kirchengemeinde Bartenbach zugeordnet gewesen, wurde aber weiterhin fast 20 Jahre lang vom Bartenbacher Pfarrer betreut  1961 wurde das erste evangelische Gotteshaus in Rechberghausen, die Jesus-Christus-Kirche, eingeweiht, 11 Jahre nach der Einweihung, 1972, bekam Rechberghausen den ersten eigenen Pfarrer, Pfarrer Schmid. Die Pfarrer Schmid (1972 – 1980), Enz (1980 – 1985), Gerth (1986 – 2007), Hagner (2007 – 2016) und Herb (seit 2017) kamen aus Rechberghausen zu den Wäschenbeurener Gläubigen.

Im rührigen Frauenkreis kam der Wunsch auf, einen kleinen Turm mit Glocken für das Gemeindehaus zu bekommen. Die Frauen legten sich sehr ins Zeug, um Geld anzusammeln, bastelten für den Bazar, backten Kuchen, kochten und bedienten beim Sommerfest. Auf diese Weise kamen erkleckliche Geldbeträge zusammen. So erbrachte der Weihnachtsbazar 1988 zusammen mit Spenden den stolzen Ertrag von 6 650 DM. Eine richtige Kirche mit Glockenturm und goldglänzendem Hahn auf der Turmspitze sollte entstehen. BM Vesenmaier griff diesen Gedanken bei der Amtseinführung von Pfarrer Gerth, 1986, auf. In der NWZ stand: „BM Karl Vesenmaier (Wäschenbeuren) glaubte voraussagen zu können, dass dem Pfarrer seine neue Gemeinde bald ans Herz gewachsen sei. Er bat, sich besonders des Kirchenbaues anzunehmen.“ Architekt Nuding aus Remshalden entwarf das Gebäude. Das Flachdachgebäude wurde abgerissen, und an dieselbe Stelle wurde die neue Kirche gebaut. Im Sommer 1989 wurde der erste Spatenstich vorgenommen.

Während der Bauzeit fanden die evangelischen Gottesdienste in der Aula der Schule statt. Am 30. September 1990 wurde die neue Kirche eingeweiht. Bis Sommer 1992 dauerte es, bis der Raum im Untergeschoss der Kirche fertiggestellt war. Dabei leisteten Mitglieder der Kirchengemeinde Eigenarbeit. Der Kirchturm erhielt drei Glocken. Eine Glocke spendete die katholische Kirchengemeinde Wäschenbeuren, eine Glocke stiftete ein anonymer Spender, und die dritte Glocke bezahlte die ev. Kirchengemeinde. Die Gemeinde war dabei, als bei der Firma Bachert in Ulm die Glocken gegossen wurden. Auch die Abnahme der Glocken ließ man sich nicht entgehen. 2008 wurde eine Umgestaltung im Innenraum der Kirche vorgenommen. Am 30.11.2008 gab es eine Einweihung nach der Umgestaltung. Verbunden war damit die Namensgebung Martin-Luther-Kirche.

Nun ist die Kirche seit längerem mit ihrem Glockenturm und dem obenauf stehenden goldenen Hahn als „richtige“ Kirche sichtbar, und samstags um 15 Uhr läuten die Glocken zur gleichen Zeit wie die der katholischen Kirche..

Im Obergeschoss befindet sich der helle Gottesdienstraum mit Altar, Kreuz, Taufbecken, Pult und Mikrofon für den Prediger. Eine kleine Orgel und ein Keyboard werden für die Kirchenmusik genutzt. 2021 wurde überdies noch ein Klavier gespendet. Für die Gottesdienstbesucher steht bequemes Gestühl bereit. Im Untergeschoss befinden sich zwei weitere Räume. Einer davon ist der Jugendraum, der von den jungen Leuten selbst gestaltet wurde.

Fast 20 Jahre lang amtierten erstmals evangelische Geistliche in Wäschenbeuren, im Verbund mit Rechberghausen, zum Schluss auch mit Hohenstaufen: von 2001 bis 2011 Pfarrer Mayer, von 2012 bis 2021 Pfarrerin Schindler-Sautter. Diese ging im Januar 2021 in den Ruhestand. Da gehörten die evangelischen Christen von Wäschenbeuren bereits seit 2018 zur Kirchengemeinde Hohenstaufen. Seitdem ist Pfarrer Rembold der für sie

zuständige Geistliche.

Peter Schührer